Ein Tag der Freude im Flüchtlingscamp - Teil 1
Daniel aus Namibia erzählt uns von dem Tag, an dem ein Schuhkarton sein Leben veränderte

„Ein Mitarbeiter des Flüchtlingslagers fuhr mit einem Truck durch die Straßen des Camps. ‚Alle Kinder bitte zur Versammlungshalle!‘, rief er durch ein großes Megafon. Ich ließ alles stehen und liegen und rannte so schnell ich konnte barfuß die rund zehn Gehminuten ins Zentrum des Lagers. Ich wollte auf gar keinen Fall zu spät kommen…“

Daniel ist noch sehr jung, als er mit seinen Eltern und Geschwistern vor dem Krieg in Angola flieht und Asyl im Flüchtlingscamp Osire nahe Windhoek, Namibia, sucht. Das Leben im Camp ist einfach. Keine der Hütten hat Elektrizität oder fließendes Wasser. Jeder Block verfügt über einen einzigen Strom- und Wasseranschluss, der nur jeweils für wenige Stunden am Tag funktioniert. „Alle Bewohner eines Blocks trafen sich zwangsläufig an der Anschlussstelle, wir waren wie eine große Familie“, erinnert sich Daniel.

Seine Familie ist dankbar für die Sicherheit, die ihnen das Camp bietet und die Lebensmittel, die sie hier bekommen. Daniel absolviert die Schulklassen eins bis zehn in Osire und sein Bruder wird sogar im Camp geboren. Das Leben außerhalb des Lagers kennen sie nicht, denn nur mit einer Genehmigung darf das Lager auf begrenzte Zeit verlassen werden. Daniel ist zwölf, als er das erste Mal einen Fuß aus der Flüchtlingsunterkunft setzt: „Meine älteste Schwester bekam ein Stipendium, um nach dem Schulabschluss in Windhoek studieren zu können. Ich durfte sie in den Ferien besuchen und erleben, wie sich das Leben in einer richtigen Stadt mit großen Häusern und richtigen Straßen anfühlt.“

Seine Eltern bringen den Kindern stets bei, trotz der herausfordernden Lebensumstände nie den Mut zu verlieren. „Mein Vater vermittelte uns, dass Gott unser Retter und die Antwort auf alles ist. Er achtete darauf, dass wir zur Schule gingen und uns regelmäßig in der Kirche des Camps engagierten. Wir säuberten das Gebäude und sangen im Kirchenchor. Aber ich war meist derjenige, der Unruhe stiftete, zu laut war und die anderen beim Beten störte“, erinnert sich Daniel lachend.

„Als Kind habe ich Gott nie ganz verstanden und war nicht mit vollem Herzen beim Glauben dabei. Aber ich wusste, dass Gott auf mich aufpasst und irgendwie einen Plan für mein Leben hat.“

Eine Hoffnung, die ihn vor allem auch in der Regenzeit trägt, wenn die unstabilen Häuser drohen, weggespült zu werden, samt der wenigen Habseligkeiten. „Regelmäßig kamen auch Hilfsorganisationen ins Camp und verteilten zum Beispiel Kleidung oder Hygieneartikel. Aber es gab selten genug für alle. Zu oft ging man bei solchen Hilfsaktionen leer aus, wenn man nicht als Erstes an der Reihe war“ erzählt Daniel traurig.

Er ist 13, als Samaritan´s Purse einen Einsatz in Osire organisiert. Ein Mitarbeiter des Flüchtlingslagers fährt mit einem Truck durch die Schotterstraßen. "Alle Kinder bitte zur Versammlungshalle!", ruft er durch ein großes Megafon.

"Ich weiß noch genau, dass ich gerade ein Drahtauto baute, als ich die Durchsage hörte. Ich ließ alles stehen und liegen und rannte so schnell ich konnte barfuß die rund zehn Gehminuten ins Zentrum des Lagers. Diesmal wollte ich auf gar keinen Fall zu spät kommen.“ Als er an der Halle ankommt, warten schon viele Kinder in einer langen Reihe vor dem Eingang. Er sieht unzählige braune Versandkartons mit einem runden Flugzeug-Logo darauf. Er sieht, dass einige Mitarbeiter der Hilfsorganisation beten, aber er ist so aufgeregt, dass er den Worten kaum folgen kann.

Schließlich bekommen die ersten Kinder ihre Schuhkartons und Daniel sieht einige seiner Freunde freudestrahlend hinauslaufen. Er hat Angst, erneut leer auszugehen und das Warten fühlt sich unendlich lang an. Doch schließlich ist er an der Reihe und eine Frau mit weißem T-Shirt mit demselben Flugzeug-Logo überreicht ihm einen Schuhkarton. Daniel erinnert sich ganz genau: „Mit dem Schuhkarton in der Hand lief ich so schnell wie möglich weg, ich wollte nicht, dass jemand meinen kostbaren Karton anfasst. Ich ging zu einem nahegelegenen Baum, wo bereits einige meiner Freunde mit ihren Kartons warteten.

Als ich meinen Schuhkarton öffnete, klopfte mein Herz wie wild - ich war so so so aufgeregt! Ganz oben lag ein Büchlein mit bunten Bildern. Und darunter waren so viele großartige Dinge, die ich noch nie in meinem Leben gesehen hatte. Im Camp gab es nur einen einzigen Laden, wo man einfache Dinge wie einen Stift oder so kaufen kann. Aber nichts, was mit dem Inhalt meines Schuhkartons vergleichbar gewesen wäre. Ich blickte mich um und tausend Fragen schossen mir durch den Kopf:

"Was ist das alles? Wer hat das für mich eingepackt? Und warum? Wer kann denn so viele Schuhkartons packen?“

An diesem Tag geht kein Kind leer aus. Jeder bekommt ein prall gefülltes Schuhkartongeschenk und jeder kann am nächsten Tag stolz in der Schule eines seiner neuen Schätze zeigen. „Es war ein Tag voller Freude für das ganze Camp“ strahlt Daniel noch heute. Zuhause betet der Vater und dankt Gott für die Schuhkartons. Dann darf Daniel mit seinen Geschwistern alle Geschenke genau unter die Lupe nehmen. „Ich erinnere mich, dass ich als Erstes eine Flöte in die Hand nahm und laut hineinblies. Meine Mutter verdrehte die Augen, weil ich nun noch mehr Lärm machen konnte“, lacht Daniel herzhaft. Zu seinen Geschenken zählen außerdem Knete und ein Jojo, mit dem er jeden Tag spielt, sowie eine bunte Zahnbürste.

Daniel fühlt sich durch den Schuhkarton tief umsorgt. Dass jemand in einem anderen Land, der ihn gar nicht kennt, ihm so etwas Tolles schenkt, ändert seine Sichtweise auf sein Leben. Er hat neu gefundene Hoffnung und fasst einen Entschluss, der sein ganzes weiteres Leben prägen wird…

Lest im zweiten Teil von Daniels Geschichte, wie es weiter geht: WEITERLESEN

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